Das Gericht hat bestätigt, dass Polen ein Zwangsgeld in Höhe von rund 320.200.000 Euro zahlen muss, das der Gerichtshof der Europäischen Union im Rahmen des Vertragsverletzungsverfahrens verhängt hatte.
Am 1. April 2021 erhob die Europäische Kommission beim Gerichtshof eine Vertragsverletzungsklage gegen Polen, um feststellen zu lassen, dass bestimmte im Dezember 2019 verabschiedete Gesetzesänderungen zur Organisation des polnischen Justizsystems gegen EU-Recht verstoßen.
Im Laufe dieses Verfahrens wies der Gerichtshof Polen unter anderem an, die Anwendung bestimmter von der Kommission beanstandeter nationaler Vorschriften auszusetzen. Da Polen diese einstweilige Maßnahme nicht umsetzte, wurde es am 27. Oktober 2021 zur Zahlung eines täglichen Zwangsgelds von 1 Million Euro an die Kommission verurteilt. Dieses tägliche Zwangsgeld begann am 3. November 2021 zu laufen.
Am 9. Juni 2022 verabschiedete Polen ein Gesetz, um der vom Gerichtshof verhängten einstweiligen Anordnung nachzukommen. Am 21. April 2021 entschied der Gerichtshof, dass diese Gesetzesänderung die weitgehende Umsetzung der einstweiligen Anordnung ermöglicht. Daher wurde die Höhe des täglichen Zwangsgeldes ab dem 21. April 2023 auf 500.000 EUR pro Tag reduziert.
Da Polen das tägliche Zwangsgeld nicht gezahlt hat, hat die Kommission den Betrag des Zwangsgeldes regelmäßig durch Aufrechnung mit verschiedenen Forderungen des Mitgliedstaates gegenüber der Europäischen Union beigetrieben.
Polen hat beim Gericht der Europäischen Union Klage auf Nichtigerklärung von insgesamt sechs Aufrechnungsentscheidungen erhoben, die den Zeitraum vom 15. Juli 2022 bis zum 4. Juni 2023 abdecken, d. h. vom Inkrafttreten des Gesetzes vom 9. Juni 2022 bis zum Tag vor dem Urteil des Gerichtshofs, mit dem die Rechtssache abgeschlossen wird. Die auf diese Weise wiedereingezogenen Beträge belaufen sich auf rund 320 200 000 EUR.
Hilfsweise macht Polen geltend, dass die Gesetzesänderung, die die Halbierung des Zwangsgelds rechtfertige, der Entscheidung des Gerichtshofs vom 21. April 2023 vorausgegangen sei, so dass die Kommission vom 15. Juli 2022 bis zum 20. April 2023 nicht mehr die Zahlung des Betrags von 1 Mio. Euro pro Tag habe verlangen können. Polen schlägt daher vor, die Entscheidungen der Kommission teilweise für nichtig zu erklären, soweit sie sich auf die 50 %-Aufrechnungsforderungen für den genannten Zeitraum beziehen.
Das Gericht weist die Klage Polens in vollem Umfang ab.
Die Kommission hat mit der Rückforderung der geschuldeten Beträge nicht gegen EU-Recht verstoßen. Insbesondere stellt der Gerichtshof fest, dass weder die Rechtsprechung des polnischen Verfassungsgerichts noch das Inkrafttreten des Gesetzes vom 9. Juni 2022 die Möglichkeit bieten, das Bestehen der Forderung selbst zu bestreiten. Sie haben daher keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Aufrechnungsentscheidung.
Zum hilfsweise gestellten Antrag auf teilweise Nichtigerklärung der Aufrechnungsentscheidung hat das Gericht daran erinnert, dass Die vom Gericht am 21. April 2023 beschlossene Herabsetzung des Tagessatzes hatte nur prospektive Wirkung. Sie galt daher nur für die ab diesem Datum fälligen Beträge.
Da das mit dem Beschluss vom 27. Oktober 2021 festgesetzte tägliche Zwangsgeld bis zum 21. April 2023 unverändert blieb und Polen seinen Verpflichtungen nicht vollständig nachgekommen war, wurde die Die Kommission ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass dieser Betrag in voller Höhe wieder eingezogen wird. Darüber hinaus würde ein Eingeständnis, dass die Kommission die Möglichkeit oder sogar die Pflicht hatte, die Höhe des Tagessatzes im Falle einer teilweisen Einhaltung der Vorschriften anzupassen, die Autorität der Anordnung vom 27. Oktober 2021 in Frage stellen.
SDEU/ gnews - RoZ
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